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Sächsische Kohlenbarone

geschrieben am: 05.01.2023 von: Schlossarchiv in Kategorie(n): Ritterschaft

Die bürgerliche „Zwickauer Ritterschaft“ vor 100 Jahren: Durch die Steinkohlenvorkommen in mehreren Mulden-Dörfern der ehemaligen Amtshauptmannschaft Zwickau gelangten während des 19. Jahrhunderts ein dutzend Familien zu großem Reichtum und auch sachsenweitem Rittergutsbesitz; hierher gehören alphabetisch:

Bauer auf Weesenstein und Meusegast

Dautzenberg auf Silberstraße

Ebert auf Klösterlein und Nieder-Mosel

Ehrler auf Klein-Mehßow und Lichtentanne

Falke auf Carthause

Kästner auf Thanhof und Ober-Steinpleis

Klötzer auf Thoßfell

Leonhardt auf Heeselicht

Sarfert auf Thurm und Berthelsdorf bei Neustadt

Schmelzer auf Lichtentanne und Marienthal

Stauß auf Wiesenburg und Schönau

Wolf auf Stösitz und Wolfsbrunn

Diese Familien waren meistenteils verschwägert und besaßen architektonisch wertvolle Fabrikanten-Villen* in Orten entlang der Mulde, die Altansässigen auch oft noch ihre Bauernhöfe – da fast die Hälfte aus dem Kohlendorf Bockwa stammte: die Ehrler, Falck, Kästner, Klötzer und Sarfert, lassen sich deren überdimensionale Grabanlagen noch heute auf dem dortigen Friedhof bewundern. Die Damastweber Bauer stammten übrigens aus Wildenfels, die Leonhardt aus Crossen, die Schmelzer und Wolf aus dem Vogtland, die Dautzenberg sogar aus dem Rheinland.

Allgemein bekannt wurde deren durch Bergbau und Industrie entstandener Reichtum spätestens 1912 im „Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen“, worin alle obengenannten Familien verzeichnet waren (außer Ehrler, Falke und Stauß), die Ebert mit Quolsdorf standen sogar im preußischen Jahrbuch der Millionäre.

Auch der Begriff Ritterschaft ist hier durchaus zutreffend, denn die Chefs der Familien Dautzenberg, Falck, Kästner, Klötzer, Sarfert, Schmelzer, Stauß und Wolf waren Ritter des königlich-sächsischen Albrechtsordens.

Als standesgemäß galt auch die Verheiratung von Töchtern mit Adeligen** oder die Verwendung eigener Wappen, wofür die Ebert und Kloetzer 1923 einen Wappenbrief von der Sächsischen Stiftung für Familienforschung erhielten, die Schmelzer desgleichen 1929. In Siebmacher’s bürgerlichem Wappenbuch findet man die Dautzenberg, Falck und Leonhardt, wogegen die Porzellan-Kaestner und die Sarfert eigene Entwürfe mit Schlägel und Eisen verwendeten.

[* Zu den schönsten Villen gehören die schlossartigen der Eberts in Zwickau und Aue-Zelle, oder der Leonhardts in Crossen und Zwickau, oder auch das Bauersche Mohrenhaus in Radebeul-Niederlößnitz. Großartige Bauten sind auch Dautzenberg’s Möckel-Villa und die Falck-Villa, beide in Zwickau-Schedewitz, sowie Ferdinand Kästner’s wegen Montansenkung leider abgerissene Schinkel-Villa neben der Bockwaer Kirche. Am bekanntesten ist wahrscheinlich Wolf’s neobarockes Schloss Wolfsbrunn mit großem Park oberhalb der Burg Stein in Hartenstein.

** z.B. 1878 Ottilie Ebert mit dem Freiherrn Emil von Milkau; oder 1869 Selma Ehrler mit Ludwig von Beulwitz und deren Sohn Georg 1901 mit Olga Sarfert; oder 1881 Elisabeth Falcke mit Franz von Hinüber und dessen Bruder Karl 1871 mit Elise Kästner, sowie deren Sohn Franz 1904 mit Pauline Kaestner; oder 1882 Arthur von Dannenberg mit Anna Falck; oder auch 1868 Helene Kloetzer mit Moritz von Döring, etc.]

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